Glaubenswelten in Wuppertal


Rückblick – Kirche Kreativ

Auf einem Stadtspaziergang durch den Elberfelder Westen erfuhren wir von Pfarrer Ulrich Christenn, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Diakonie, wo und warum sich die verschiedenen Glaubenswelten in Wuppertal ansiedelten und zum Teil noch heute befinden. Startpunkt der geschichtlichen Reise war der Robert-Daum-Platz, benannt nach Robert Daum, dem gebürtigen Küllenhahner, Politiker und Oberbürgermeister von Wuppertal. Ein schneller kirchengeschichtlicher Einblick eröffnete unser Treffen der Reihe „Kirche Kreativ“.

Protestantische Wurzeln
Protestantisch entwickelte sich Wuppertal im 16. Jahrhundert. In Elberfeld (1566 durch Peter Loh), Barmen und den meisten anderen heutigen Wuppertaler Stadtteilen wurde die Reformation nach reformiertem Bekenntnis eingeführt. Während der spanischen Besatzung wurde der evangelische Gottesdienst zwischen 1625 und 1627 verboten. Ab 1690 gab es in Elberfeld, wie später auch in anderen Orten, auch lutherische Gemeinden.
Wenngleich in Preußen 1817 die „Union“ zwischen reformierten und lutherischen Gemeinden eingeführt wurde, blieben die jeweiligen Gemeinden in ihrer Wahrnehmung ihren bisherigen Traditionen treu. So gibt es heute in Ronsdorf noch eine reformierte Gemeinde. Einige Gemeinden wurden von Anfang an als „unierte“ Gemeinden gegründet, so die Gemeinden Unterbarmen und Küllenhahn.
Geschichtlich waren zwei markante Punkte für die Entwicklung der Glaubensrichtungen in Wuppertal entscheidend. Zum einen die „Garnnahrungsordnung“, die im Jahre 1527 durch Herzog Johann III. und Herzogin Maria von Jülich, Kleve und Berg nur den Barmern und Elberfeldern das Privileg der „Garnnahrung“ gab. Dieses Bleichermonopol bedeutete den Aufschwung zur Textilindustrie. Zum anderen die Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Dies hatte in beiden Fällen Neuansiedlungen und einen wirtschaftlichen Aufschwung zufolge. Hier liegt für Herrn Christenn auch die Grundlage, dass sich so viele Menschen frei in ihrer Glaubensfindung entwickeln konnten, denn Wuppertal gilt in Deutschland als eine Stadt mit den meisten unterschiedlichen Religionen, Sekten und Gemeinden.

Glaubensgemeinschaften
2016_07_08_altapostolisch

Neben den vielen neuapostolischen Gemeinschaften gibt es in der Alsenstraße einen Gemeinderaum der „Altapostolische Kirche“. Gründer der „Altapostolische Kirche“ war der in Pommern geborene Carl Georg Klibbe, ursprünglich ein lutherischer Pfarrer. Die heutige Mitgliederzahl wird auf ungefähr 2,5 Millionen geschätzt, wovon der überwiegende Teil in Südafrika lebt.
In der Gravelottestraße in Elberfeld sitzt die Bibelgruppe der „Campus Mission International“, diese wird vor allem von koreanischen Studenten besucht. Die Hauskirche der koreanischen freikirchlichen Gemeinde befindet sich in Barmen im Gemeindehaus Hellerstraße.

An der Aue sehen wir den Königsreichsaal der Religionsgemeinschaft „Zeugen Jehovas“, den 1903 gegründeten Zweitsitz der Wachtturm-Gesellschaft in Elberfeld. Erst 1923 wurde der Zeitschriftendruck nach Magdeburg in eine modernere Druckerei verlegt. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Zeugen Jehovas unter anderem wegen ihrer konsequenten Weigerung, Kriegsdienst zu leisten, den Hitlergruß zu entbieten oder in anderer Weise am Führerkult teilzunehmen, verfolgt.
2016_07_08_juedischDas direkte Nachbarhaus, beheimatete die jüdische Gemeinde, der ehemalige Betraum war von der Herzogstraße aus zu erreichen. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts – unter französischer Herrschaft – zogen verstärkt jüdische Familien nach Elberfeld. Auf Grund der schnell wachsenden Gemeinde wurde im September 1865 eine größere Synagoge in der Elberfelder Genügsamkeitsstraße von Rabbiner Levy Kleeberg eingeweiht. Heute wird der Synagogenneubau, der 2002 durch den deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau und den israelischen Staatspräsidenten Moshe Katzav eingeweiht wurde, genutzt.

Die ehemalige Kneipe „Red Rooster“ in der Friedrich-Ebert-Straße, hatte einen wöchentlichen Hauskreis „Jesus Freaks“ die sich aus der Punk- und Rockerszene zusammensetzte. Heute gibt es diese Glaubensgemeinschaft auch in anderen Städten, so auch in Hamburg, die sich dort im Bereich der Drogenarbeit besonders gemeinnützig engagiert.
Die „Church of peace“ wurde 1921 gegründet. Die Freikirchliche Gemeinschaft, an der Briller Straße beheimatet, gibt Deutschen wie Afrikanern ein Zuhause. Die Gottesdienste werden in Französisch und Deutsch durchgeführt. Die ehemalige Andreas-Murray-Kirche und Vorläufer der „Church of peace“ war eng verbunden mit der Familie Neumeister.
In der Nevigeser Straße ist die Freikirche der Adventisten beheimatet. Schon 126 Jahre gibt es diese Glaubensgemeinschaft in Wuppertal. Die Siebenten-Tags-Adventisten erkennen allein die Bibel als Richtschnur ihres Glaubens an und ehren den Samstag, das ist der siebente Tag, als Feiertag und ist Unterscheidungsmerkmal zu anderen Kirchen, die sich den Sonntag zum Feiertag auserkoren haben.

Ebenfalls an der Briller Straße beheimatet ist die Glaubensgemeinschaft „Internationale Schule des Goldenen Rosenkreuzes“, eine spirituelle Gemeinschaft, die ein christliches Fundament hat und aus dem Urquell aller Religionen schöpft. Nach dem Tod der geistigen Leiter Jan van Rijckenborgh (1968) und Catharose de Petri (1990) wird die Schule heute von einem international zusammengesetzten Gremium geführt. Der Hauptsitz der internationalen Organisation befindet sich in Haarlem, Niederlande.

Bibeldruck
Der Elberfelder Lederhändler Johannes Ball gründete 1799 zusammen mit anderen Kauf- und Kirchenleuten die Elberfelder Missionsgesellschaft, die ab 1802 Bibeln an bedürftige Konfirmandinnen und Konfirmanden verteilte. Auf Initiative von Robert Pinkerton von der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft wurde dann 1814 die „Bergische Bibelgesellschaft“ gegründet mit dem Ziel, die Bibel zu verbreiten. Heute können Sie das Wuppertaler Bibelzentrum an der Rudolfstraße besichtigen. Zudem hat Wuppertal nicht nur ein Bibelmuseum, sondern ein zweites an der Ecke Wolkenburg, dieses wird durch einen freikirchlichen Verein getragen.
Die Elberfelder Bibel und heutige Wuppertaler Studienbibel aus dem R. Brockhaus Verlag ist im deutschsprachigen Raum die wohl am weitesten verbreitete Bibelkommentarreihe seit 150 Jahren.

St. Laurentius-Kirche – Schutzpatron der Stadt Wuppertal
Pastoralreferent Dr. Werner Kleine nahm sich nach seiner Andacht am Donnerstagabend noch die Zeit, uns Küllenhahnern Einblicke in die St.-Laurentius-Kirche und die katholische Geschichte zu geben. Zeitweise gab es gar keine katholische Kirche in Elberfeld. Die heutige „Alte reformierte Kirche“ auch „Citykirche“ genannt, wurde um 953 von Erzbischof Bruno Köln im Siedlungsraum des „Fronhofs Elberfeld“ eingeweiht. Die alte Kapelle der Burg Elberfeld war dem Patron des Hl. Laurentius geweiht. Erst nach der Reformation und dem Wirken des Kaplans Peter Lo, gab es Baupläne, am Rande der Stadt ein weiteres Siedlungsgebiet mit einer St. Laurentius Kirche zu bauen. Am 10. August 1828 wurde der Grundstein durch den Kölner Weihbischof Karl Adalbert Freiherr von Beyer gelegt. Aufgrund großer technischer und finanzieller Schwierigkeiten verzögerte sich die Bauzeit, und die Kirche wurde erst am
8. November 1835 feierlich durch Mithilfe evangelischer Spenden eröffnet. Die Kirchweihe erfolgte am 11. Juli 1847 durch den Erzbischof Johannes von Geissel.
Von Mai 1845 bis März 1849 war Adolph Kolping Kaplan an der Pfarrei. Ein Knochensplitter des Sozialreformers ist als Reliquie in einem Seitenaltar ausgestellt und eine Gedenktafel am Pfarrhaus erinnert an ihn und seine Seligsprechung.
2016_07_08_basilicaBei dem Luftangriff auf Elberfeld in der Nacht vom 24./25. Juni 1943 wurden die Kirche und ihre Einrichtung durch Brandbomben zerstört. Nach dem provisorischen Wiederaufbau durch die Gemeinde erfolgte mit dem Weihnachtsgottesdienst 1949 die Wiedereröffnung. Die endgültige Wiederherstellung zog sich bis 1974 hin.
Von 2007 bis 2009 wurde das Gewölbe saniert und die Kirche am 9. Mai 2009 durch Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln, in einem Pontifikalamt wiedereröffnet.

Im Dezember 2013 wurde die St.-Laurentius-Kirche zur päpstlichen Basilica minor erhoben. Sie ist damit die 74. Basilica in Deutschland und die erste, die von Papst Franziskus mit diesem Titel ausgezeichnet wurde und fortan mit seinem Wappen geziert wird.

Abschließend bleibt ein eindrucksvoller Abend, der einen neuen protestantischen Blick auf die Stadt Wuppertal und seine Glaubenswelten wirft.

Claudia Orth

Losungen des Tages

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