Andacht August/September 2020


Liebe Gemeinde !

Vor einigen Jahren habe ich ein Kind mit Down-Syndrom getauft.
Die Eltern hatten sich als Taufspruch den Psalm-Vers ausgesucht, der als Geleitwort über dem Monat August steht.
Bestimmt haben Mutter und Vater des Kindes wie viele Eltern zu Beginn der Schwangerschaft Pläne geschmiedet, was aus ihrem Kind werden könnte. Dann kam die ernüchternde Diagnose: Trisomie 21. Ihr Kind würde Zeit seines Lebens mit Einschränkungen leben müssen.
Dennoch entschieden sie sich gegen einen Schwangerschaftsabbruch und für ihr Kind. Der Taufspruch war eine Art Bekenntnis: Auch dieses für unsere Verhältnisse eingeschränkte Kind ist von Gott so gewollt und wunderbar gemacht. „Der Mensch ist wunderbar gemacht“ – frisch gebackene Eltern werden meistens nicht müde, so zu staunen, wenn sie ihr neugeborenes Kind betrachten. So ein kleiner Mensch, und doch ist schon alles dran, was zu einem Menschen gehört– vom Kopf bis zu den kleinen Füßen.

„Ich bin wunderbar gemacht“ – diesen Satz aus tiefster Überzeugung zu sprechen, fällt uns als Erwachsene deutlich schwerer. Haben wir nicht eher 100 Dinge an uns zu bemängeln? Dem einen sind seine Haare zu lockig, dem anderen sind sie zu glatt, der dritte stöhnt, dass er gar keine Haare mehr hat. Was für äußere Merkmale gilt, gilt für die inneren erst recht: Wer von uns wäre nicht gerne intelligenter, witziger, unterhaltsamer usw. Stattdessen müssen wir uns mit dem Maß an Eigenschaften und Begabungen zufrieden geben, das Gott uns mit auf den Weg gegeben hat. Das fällt uns manchmal schwer.

Der Beter von Psalm 139, aus dem unser Monatsspruch stammt, richtet seinen Blick zu Anfang seines Gebets gar nicht auf sich
selbst, sondern in die Ferne, bis an die Enden der Erde. Er staunt darüber, dass Gott überall zu finden ist, ja viel mehr, dass Gott
ihn überall findet. Gott sucht unsere Nähe, weil er uns zugetan ist, weil er uns liebt und zwar genau so, wie wir sind. Ich glaube,
da, wo ein anderer uns bezeugt: „Ich liebe dich, und zwar genauso, wie du bist“, da lernen wir am ehesten, uns auch selbst zu lieben und wertzuschätzen. Die Erfahrung, dass Gott um keinen Preis auf ihn verzichten will, ist es, die unseren Beter dazu bringt, zu sich selbst zu stehen und zu bekennen: Ich danke dir, Gott, dass ich wunderbar gemacht bin. Ich bin wunderbar gemacht – das gilt für mich, aber für den Menschen neben mir in gleicher Weise. Gott hat viele Ideen davon, wie ein gelungener Mensch aussieht, und jede und jeder von uns verkörpert eine davon.

Letztlich kann uns unser Monatsspruch nur zu mehr Toleranz führen. Wer ihn ernst nimmt, für den kommt etwa Rassismus als Lebenseinstellung nicht in Frage. Denn Rassismus ist die Herabwürdigung eines großen Teils der wunderbaren Werke Gottes.
Und was ist, wenn wir Unrecht tun? Was ist mit Verbrechern, die scheußliche Untaten begehen? Bringen sie sich nicht selbst um
ihre Menschlichkeit und Menschenwürde? „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in unserem Grundgesetz.
Dieser Satz gilt für alle Menschen. Für uns Christen ist die Menschenwürde keine in uns liegende Eigenschaft, sondern liegt darin begründet, dass Gott uns als sein Gegenüber haben will. Deshalb können wir selber sie allenfalls verzerren, aber nicht verlieren. Umgekehrt bringen wir sie aber erst richtig zum Leuchten, wenn wir die Beziehung zu Gott pflegen.
Ich wünsche Ihnen, dass die Erfahrung der Liebe Gottes Ihnen hilft, sich selbst anzunehmen und Sie so die Freiheit gewinnen, auch andere in Ihrer Andersartigkeit schätzen zu lernen.

Es grüßt Sie herzlich
Ihre Pfarrerin Hartmann

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